Klangwandelnder Wandhalter: GigaWatt Steckdose G-044

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„Bei der Steckdose ist bloß wichtig, dass die Kabel innen geschraubt sind“, sagte mir kürzlich ein HiFi-Enthusiast. Natürlich habe ich gleich meine Wandsteckdose geöffnet und nachgeschaut: Alles verschraubt!

Trotzdem – Stichwort: Is‘ ja bloß Strom – war meine Neugier geweckt: Bringen spezielle HiFi-Steckdosen wirklich noch ein Plus? Also habe ich mal einen Blick auf den Markt geworfen: Furutech? Oyaide? Oder mal was ganz anderes: Gigawatt? Ich habe mich für letztere entschieden, da sie (noch) nicht so bekannt sind, wesentlich günstiger als die japanischen Wunder-Buchsen und zudem aus der Nachbarschaft kommen, nämlich aus Polen.

Allgemeines

Gigawatt ist ein polnischer Hersteller von Produkten für Strom im High-End Segment. Dazu gehören neben Kabeln, Steckern und Conditionern auch Steckdosen und spezielle Sicherungen. In Tests ausländischer Fachpublikationen bekommen die Produkte regelmäßig gute Noten, und auch Hifi Statement mochte Netzfilter und Netzkabel aus dem Nachbarland, so dass die Frage war: Gilt das auch für mich und für die Steckdosen?

Vorher – Nachher: Die GigaWatt Steckdose (rechts) soll eine Standard-Steckdose ersetzen – ob das was bringt?

Vorher – Nachher: Die GigaWatt Steckdose (rechts) soll eine Standard-Steckdose ersetzen – ob das was bringt?

Ein Anruf bei Jörg Klein, und der deutsche Importeur Hörgenuss für Audiophile ließ sich nicht lange bitten. Jörg Klein schickte mir die Steckdose und noch ein zweites kleines Spielzeug, das ich demnächst separat mit einem Test würdigen werde. Das hat es verdient.

Lieferumfang

Wegen der vorhandenen Löcher in der fraglichen Wand kam von Hörgenuss eine Gigawatt-Doppelsteckdose bei mir an. Diese ist in einem schlicht schwarzen Karton mit einfachem Papier-Aufkleber verpackt, ist von einem Schutzbeutel umhüllt, mit Schaustoff-Formstücken gesichert und hat noch eine kurze Montage- und Sicherheits-Übersicht beigelegt. Mehr braucht’s auch nicht.

Qualität und Verarbeitung

Die Gigawatt Steckdose ist sehr wertig verarbeitet. Die Abdeckplatte für die Wand ist ein Materialmix aus Kunststoffträger und Aluminium-Abdeckung und wiegt alleine 188 Gramm. Das liegt daran, dass das Aluminium satte 6 mm dick ist. Der Rahmen nimmt die sehr präzise gefertigten Kunststoff-Buchsen für die Schuko-Stecker von vorne und die Kontaktträger von hinten auf. Komplett wiegt die Doppel-Steckdose dann 350 Gramm.

Wertige Anmutung und das Innenleben voll gekapselt: Die GigaWatt Steckdose ist aufwändig verarbeitet

Wertige Anmutung und das Innenleben voll gekapselt: Die GigaWatt Steckdose ist aufwändig verarbeitet

Alle Kontaktflächen der Steckdose sind laut Hersteller sind aus Messing gefertigt, gegen Oxidation veredelt, demagnetisiert und die Kontakte für die Steckeraufnahme im Innern sind satte 10 mm breit. Sie versprechen guten Halt wie gute Haltbarkeit. Das Innenleben ist zudem gekapselt und liegt nicht, wie sonst bei Steckdosen oft zu sehen, offen in der Wandeinbau-Dose.

Breit, demagnetisiert,veredelt: Die Kontakte der GigaWatt Steckdose versprechen soliden Halt und guten Stromfluss

Breit, demagnetisiert,veredelt: Die Kontakte der GigaWatt Steckdose versprechen soliden Halt und guten Stromfluss

Im Zuge der Montage werden die Stromkabel in hierfür vorgesehene Führungen eingelegt. Sie sind zweifach ausgeführt, so dass sich Steckdosen auch in Reihe schalten lassen. Ist das Kabel in die Aufnahme eingeführt, wird vorne an der Schraube gedreht, die ein flaches Metallband von hinten nach vorne gegen das Kabel zieht, das jeweilige Kabel verklemmt und den Kontaktschluss herstellt.

Kontaktplatten statt Schraubenkopf: GigaWatt arretiert die Stromkabel sicher und solide

Kontaktplatten statt Schraubenkopf: GigaWatt arretiert die Stromkabel sicher und solide

Auf dem Außenrahmen ist der Firmenname GigaWatt aufgedruckt. Wer die Steckdose umdreht oder auseinander nimmt und genau hinschaut wird allerdings feststellen, dass GigaWatt nicht der einzige Name ist, der sich auf den Steckdosen befindet.

Im Inneren der schwarzen Steckeraufnahmen wie auch auf der Vorder- und Rückseite der Einbaugruppe steht Merten. Das ist ein deutscher Hersteller, der zur französischen Elektronik-Gruppe Schneider Electric gehört und die Steckdosen eigens für GigaWatt herstellt. OEM mit Schönheitsfehlern, könnte man sagen. Oder: Ehrlichkeit.

Denn Gigawatt veredelt die sehr sorgfältig hergestellten Produkte mit Sorgfalt, eben die Kontakte demagnetisiren, ihre Oberflächen veredeln. Auch das kann nicht jeder von sich behaupten.

Anwendung

Die Anwendung der Steckdose folgt den zivilisatorisch antrainierten Mustern, sobald der Einbau durch einen Fachmann erledigt wurde: Schuko-Stecker in die an der Steckdose hierfür vorgesehene Öffnung passgenau einfügen, mit Druck arretieren und die Hand vom Stecker lösen. Fertig.

Wirkung

Die GigaWatt Steckdose ist enthusiasten-freundlich, sie verzichtet auf Einspielzeit und Laufrichtungsdiskussionen und serviert statt dessen prompt:

Mein gern gehörter Bass-Wirbel Domimonk vom Michel Portal-Album Minneapolis darf den Reigen eröffnen – und tut das sehr klar und durchhörbar. Es ist beeindruckend mehr Detail auszumachen, und auch Ausdruck und Dynamik gewinnen. Zugleich ist die Basswiedergabe voller, der Bassklang wärmer und in das sonstige Klangspektrum besser eingefügt – was vorher gar nicht auffiel. Sieh mal an…

Appear, ein Duo aus Violine und Piano, vom John Metcalfe-Album The Appearance Of Colour klingt wesentlich luftiger und liefert Transienten wie den Anstrich des Bogens auf den Saiten bereits bei Zimmerlautstärke. Auch die Hammerköpfe des Flügels sind auszumachen, ebenso wie die Position der Instrumente im Raum. Und den gibt es natürlich auch, nur offener, luftiger und klarer in der Darstellung. Oho…

Brooke Sharkey darf als nächste ans Mikrofon. Your Tomorrow vom Album Wandering Heart ist auch so eine Detail-Fundgrube, und die Performance ist dank modifiziertem Stromfluss in keinster Weise geizig: Die Ansätze der Gesangstöne, die Atemgeräusche und Vibrati, jedes Aushauchen ihres spannenden Gesangs präsentieren sich gut wahrnehmbar, flankiert vom körperhaften, authentischen Kontrabass nebst Greifgeräuschen und Klacken von Saiten auf dem Griffbrett. Oder die Becken des Schlagzeugs – sehr crisp, sehr natürlich, und die Wirbel so geschwind wiedergegeben wie gespielt. Detailfülle, was willst du mehr?

Vielleicht das ganz dicke Paket mit Chor, Orgel und Orchester? Dann mal los: Jerusalem, Jerusalem, dargeboten vom Uranienborg Vokalensemble unter dem Dirigat von Elisabeth Holte auf dem Album Himmelrand. Und davon den Holistic Mix, eine Aufnahme, die versucht, den Hörer auch bei Stereo-Wiedergabe in die Mitte des Chores zu platzieren. Zugegeben, das klappt nicht ganz, aber trotzdem ist die Musik sehr offen, weit und räumlich. Dazu spielt die Orgel sehr voll, einschließlich der tiefen Flöten, die leicht im Boden vibrieren – trotz NeoLevs: Die Schallwellen treiben bei Viertel-Lautstärke bereits das schwimmende Parkett direkt an.

Das Zusammenspiel der Orgelregister ist klar strukturiert und sauber aufgefächert. Der Chor klingt offener, leichtfüßiger und licht. Die Sänger und Sängerinnen sind klarer aufgestellt, ihre Stimmen feinpoliert und entschlackt. Die Aufnahme, die ohnehin schon ganz hervorragend ist, kann ihre Homogenität perfekt in Szene setzen und begeistert durchweg.

Wechseln wir das Genre: A French Touch heißt das Auftaktstück von Richard Gallianos Album New Jazz Musette. Die Besen wirbeln fein wahrnehmbar, während das Akkordeon nur so durch die Töne wirbelt – und dabei sehr genau verfolgt werden kann. Auch hier fehlt es nicht an Transienten wie öffnende Ventile und Luftbewegung. Klar sind die meist überspielt von der sehr munteren Musik, aber da und dort gibt es sie fraglos. Das Akkordeon selbst steht wie live im Raum, während sich der Rest der musikalischen Belegschaft im Hintergrund gut erkennbar verteilt.

Global gesagt

Nach dem die üblichen Test-Titel verkostet waren und noch allerhand mehr, weil der klangliche Zugewinn von der üblichen Haushalts-Steckdose zum Edel-Stromversorger einfach hungrig macht, scheinen eine Reihe von Aspekten eindeutig identifizierbar:

  • Die Höhen sind feiner und detaillierter gezeichnet, wirken gereinigt und poliert, aber nicht aufdringlich gehighlightet.
  • Die Mitten sind entstaubt und liefern Informationen auch aus den Randbereichen, die sonst leicht untergehen. Dazu gönnt ihnen die GigaWatt Steckdose eine akustisch völlig korrekte Portion und mehr Wärme
  • Der Bass-Bereich wirkt kräftiger, knackiger, straffer, schneller und runder.
  • Der Gesamtklang ist detaillierter, ruhiger und ausgeglichener
  • Die Kette spielt entspannter und legt beim Verarbeitungs-Tempo zu.
  • Die Musiker sind leichter zu lokalisieren und sehr präzise, aber ohne Scharfzeichner verortet.
  • Die Bühne ist durchgängig offener, gewinnt an Tiefe, Breite und Höhe und lässt die Musik mehr Raum zum Klingen.
  • Im Hörraum selber ist es dagegen entstresst, weil die Frequenzen besser getimt sind und sich manches Musik-Genuschel verabschiedet hat.

Und das alles durch zwei andere Pol-Kappen? Das schreit nach Verifikation und einem zweiten Paar Ohren.

Blindtest

Ob die schlau-gelesenen Rezensenten-Ohren tatsächliche Veränderungen registriert haben oder nur einem angelesenen Irrglauben aufsitzen, klärt der Blindtest mit einem musik-kundigen, aber hifi-unwissenden Praktiker. Dessen erste Frage:

„Was hast du damit gemacht – das klingt voll räumlich!“ Es folgten Erläuterungen zu einem breiteren, tiefer gestaffelten Abbild mit mehr Dreidimensionalität, klarerem Klangcharakter, optimierter Differenzierung von Instrumenten und besserer Verständlichkeit von Gesang. Und das schon nach den ersten Takten.

Nahfeld-Erfahrung

Was noch fehlt, um ein abschließendes Bild zu zeichnen, ist ein Versuch mit Kopfhörern. Hierzu dürfen die Elektrostaten Koss ESP 950 ans Werk gehen, die sehr fix, sehr ausgeglichen und tendenziell bass-zahm sind. Um es kurz zu machen:

Die Koss sind nicht bass-zahm. Sie sind bass-ausgeglichen. Und bass-rund. Und überhaupt sehr harmonisch, geschwind und hörfreudig. Bisher war die Wiedergabe über die Kojpfhörer schon schön, mit der optimierten Stromversorgung ist sie zweifelsfrei Genuss.

Fazit

Die GigaWatt Schuko Wall Socket G-044 genannte Wandsteckdose ist toll, im Vergleich zur üblichen Haushaltsware sogar phänomenal. Sie entschlackt und öffnet den Klang, rückt den Frequenzgang der Wiedergabe zurecht, bietet der Musik mehr Bühne, Transparenz und Durchhörbarkeit, so dass selbst ohne Fledermausohren unangestrengt neue und mehr Transienten und andere Kleinigkeiten entdeckt werden können.

Wie charmant die Wirkung tatsächlich ist, mag die Dauer der ersten Hörsession vermitteln: Die als „mal kurz reinhören und dann ins Bett gehen“ geplante Klangverkostung wäre als veritable Nachtschicht durchgegangen.

Chapeau!

Produkt-Daten

Produkt: Wandsteckdose
Hersteller: Gigawatt
Modell: Schuko Wall Socket G-044 (dual version)
Besonderheit: Doppelsteckdose, veredelt
Maße: 15,5 x 8,5 x 3,6 cm
Gewicht: 350 gr
Leistungsaufnahme: 250V / 16A
Preis: 105,00 Euro (einzeln) , 174,00 Euro (doppelt)
Anbieter-Website: Hörgenuss für Audiophile



Abbildungen: HRM

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